Schwindel

Was ist Schwindel?

Schwindel ist das subjektive Gefühl des Schwankens oder Drehens, eine Scheinbewegung der Umwelt. Unterschieden wird grob der physiologische Reizschwindel, den man zum Beispiel beim Karussellfahren erfährt, vom pathologischen Schwindel, ein Symptom mit Krankheitswert. Dabei ist Schwindel allerdings keine eigenständige Erkrankung, sondern vielmehr ein Ausdruck dafür, dass etwas im Körper nicht stimmt. Da Schwindel, ähnlich wie Kopfschmerz, eines der häufigsten Symptome für Krankheit ist, wird dieser oft als sog. Leitsymptom angeführt.

Schwindel hat sehr oft unterschiedliche Ursachen, kann aber auch einer ganz bestimmten Krankheit zugrunde liegen.

Drehschwindel ist oftmals das Zeichen einer Störung des Gleichgewichtsorgans, Schwankschwindel kann ein Hinweis für neurologische, internistische oder orthopädische Erkrankungen sein.

Die häufigsten Ursachen für Störungen des Gleichgewichts sind

  • Der gutartige Lagerungsschwindel (auch BPLS genannt- benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel)
  • Die Neuritis vestibularis (der Ausfall eines Gleichgewichtsorganes)
  • Der Morbus Ménière (Hydrops einer Innenohrflüssigkeit)

Andere Ursachen für Schwindel können sein

  • Neurologische Erkrankungen (Durchblutungsstörungen im Gehirn, Migräne, periphere Nervenerkrankungen, etc…)
  • Internistische Erkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Elektrolytstörungen, etc…)
  • Orthopädische Erkrankungen (Cervicalsyndrom, Muskelhartspann, Bandscheibenvorfall, etc..)
  • Psychiatrische Erkrankungen (Angststörungen, phobischer Schwankschwindel, usw…)

Um den Ursprung des Schwindelgefühls herauszufinden ist eine ärztliche Konsultation dringend notwendig.

 

Der gutartige Lagerungsschwindel

 

Der gutartige Lagerungsschwindel ist die häufigste anfallsartige Schwindelform überhaupt. Betroffen sind vor allem Menschen ab dem 50. Lebensjahr, allerdings können auch Kinder diese Erkrankung bekommen.

Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer, ein Zusammenhang mit dem Hormonhaushalt wird diskutiert. Grob kann man sagen, dass ab 70+ schon jeder Dritte einmal einen Lagerungsschwindel hatte.

Was ist nun ein gutartiger Lagerungsschwindel?

Zugrunde liegen dem Schwindel die sog. Kristalle im Ohr, das sind kleinste Teilchenaus Kalzit, die auch als Ohrsteine (Otolithen/Otokonien) bezeichnet werden. Diese Steinchen sind essentiell für die Weitergabe an Gleichgewichtsinformationen an die Sinneszellen, jeder Mensch besitzt sie.

Normalerweise sind diese Otolithen auch fest verankert an einer bestimmten Stelle des Gleichgewichtsorganes, nämlich an dem Ort, an dem die Gravitation gemessen wird. Lösen sich Teile daraus dann besteht die Gefahr, dass diese, vor allem während des Schlafens, in einen anderen Teil des Gleichgewichtsorganes rutschen, genau dorthin wo Drehbewegungen gemessen werden. Ist dies der Fall, reizen die Kristalle die Sinneszellen der Drehsensoren und es wird uns schwindelig.

Typischerweise empfinden wir diesen anfallsartigen Drehschwindel bei Bewegung, vor allem nach dem Aufstehen, Bücken oder beim Umdrehen im Bett. Das ist deshalb so lageabhängig, da die losen Steinchen sich immer dann bewegen, wenn wir uns bewegen und dadurch kann es zu vermehrter Reizung der Drehsensoren kommen.

Die gute Nachricht ist, dass diese Schwindelerkrankung meist von alleine wieder verschwindet, und oft auch nach nur wenigen Tagen, weshalb sie eben gutartiger Lagerungsschwindel genannt wird. Die Steinchen finden quasi den „Ausgang“ und fallen wahrscheinlich dorthin zurück, wo sie hergekommen sind. Dann ist der ganze Spuk mit einem Male vorbei.

Ist dem nicht so, müssen spezielle Lagerungsmanöver durchgeführt werden, um die Steinchen aus dem falschen Teil des Gleichgewichtsorganes in den richtigen zurückzubefördern. Diese Übungen sollten mehrmals täglich durchgeführt werden. Medikamentöse Therapie ist bei dieser Art von Erkrankung nicht zielführend.

Was sind die Ursachen?

Die meisten Fälle sind idiopathisch, das heißt man kennt die genaue Ursache nicht.

Risikofaktoren sind unter anderem Stürze auf den Kopf, lange Bettruhe, hohes Alter, Osteoporose und Vitamin D Mangel.

Therapie?

Spezielle Lagerungsübungen- Medikamente sind nicht sinnvoll.

Wie kann ich vorbeugen?

Viel Bewegung, ausreichend trinken und ggf. einen Vitamin D Mangel durch Tropfen ausgleichen- das sind Dinge, die einfach zu machen sind. Da allerdings die Ursache selten klar ist, lässt sich auch damit ein Lagerungsschwindel nicht zu 100% vermeiden.

 

Neuritis vestibularis

 

Der einseitige Ausfall des Gleichgewichtsorganes gehört zu den häufigsten Schwindelerkrankungen in unserer HNO-Notfallambulanz. Sie tritt bevorzugt im jungen Erwachsenenalter auf, Männer und Frauen gleich häufig, kann aber auch bei älteren Patienten vorkommen. Bei Kindern ist dieses Krankheitsbild eher selten zu beobachten.

Was steckt hinter der Neuritis vestibularis?

Grund für diese akute Problematik dürfte eine Entzündung des Gleichgewichtsnerves sein, welcher daraufhin in seiner Funktion eingeschränkt wird. Die Weiterleitung wesentlicher Information zum Gehirn funktioniert dann plötzlich nicht mehr, das Resultat ist ein massiver Drehschwindel mit typischem Augenzittern (Nystagmus) und starker Übelkeit.

Als Erkennungsmerkmal für die Neuritis ist für den Untersucher zeigt sich dabei dieser sog.  Nystagmus der Augen. Es sind typische, unwillkürliche Augenbewegungen infolge der Störung des Gleichgewichtsorganes.

Der Nystagmus entsteht dadurch, dass bei akutem einseitigen Ausfall eines Gleichgewichtsorganes auch ein wichtiger Reflex verschwindet: der Vestibulookuläre Reflex, kurz VOR genannt. Es handelt sich hierbei um eine Verschaltung zwischen Auge und Gleichgewichtssinn, durch die wir trotz Bewegung des Kopfes ein Ziel stabil fixieren können. Funktioniert diese Verbindung nicht mehr, dann fangen die Augen an zu zittern. Das hält solange an, bis sich das Gehirn an die Situation gewöhnt hat und die Informationen der Gleichgewichtsorgane neu verarbeitet werden.

Manchmal erholt sich das Gleichgewicht sehr rasch, manchmal bleibt es stumm. Trotzdem ist die Prognose dieser Erkrankung gut, da das Gehirn, obwohl das ausgefallene Gleichgewichtsorgan auf einer Seite vielleicht nicht mehr anspringt, das Defizit gut kompensieren kann. Typischerweise sind die schlimmsten Schwindelprobleme nach 1-2 Wochen vorbei. Wichtig dafür ist allerdings, dass man dem Gehirn auch genügend Impulse gibt für die Neuberechnung, weshalb es entscheidend ist, so schnell wie möglich viel Bewegung zu machen. Zusätzlich ist eine Therapie mit Cortison hilfreich, da es die Krankheitsdauer entscheidend verkürzen kann. Eine antivirale Therapie ist nicht hilfreich.

Was sind die Ursachen?

Warum der Nerv sich entzündet ist noch nicht ganz geklärt, vermutet wird eine Infektion mit Herpesviren oder auch eine lokale Durchblutungsstörung.

Therapie?

Viel Bewegung, Cortisontherapie, Physiotherapie

Wie kann ich vorbeugen?

Ein Zusammenhang mit Stress ist wahrscheinlich, allerdings gibt es keine speziellen Maßnahmen, mit der sich diese Erkrankung verhindern lässt.

  

Morbus Menière

 

Der Morbus Menière ist eine multifaktorielle Erkrankung, benannt nach dem französischen Ohrenarzt Prosper Menière, welcher 1861 die Symptomentrias Schwindel, Hörstörung und Tinnitus erstmals zusammenfasste. Ein Jahr danach starb er an einer Lungenentzündung. Vor der Erkenntnis, dass das Innenohr den Ursprung für Schwindelattacken darstellt, dachte man Schwindel sei eine Form der Epilepsie, welche durch einen Blutstau entstünde und gut mit Aderlass zu behandeln wäre. Diese Vorstellung wurde durch das Wissen über Anatomie und Physiologie des Innenohrs nach den Erläuterungen Menière’s verlassen.

Typischerweise sind die Patienten zwischen 40 und 60 Jahre alt, Frauen sind etwas häufiger betroffen, Kinder erkranken selten.

Was ist der Morbus Menière?

Der Morbus Menière ist definiert durch rezidivierende Drehschwindelattacken, welche von typischen Ohrsymptomen wie Tinnitus, Ohrdruck oder Hörminderung, vor allem im Bereich der tiefen Töne, begleitet werden. Meistens kündigen sich die Anfälle durch diese Ohrsymptome individuell an, allerdings können die Attacken auch plötzlich und ohne Prodromi auftreten.

Auch beim Menière gibt es das typische Augenzittern, da es im Rahmen der Drehschwindelattacke zum Ausfall eines Gleichgewichtorgans kommt, meist auf einer Seite. In ca. 20% der Fälle betrifft der Menière im weiteren Krankheitsverlauf beide Ohren.

Eine typische Menièreattacke dauert von 20 min bis zu 12 Stunden. Es ist sehr unterschiedlich wie oft Patienten diese Attacken bekommen- bei manchen treten sie nur halbjährlich, bei manchen fast täglich auf.

Typischerweise hören die Schwindelattacken nach einiger Zeit auch von selbst wieder auf, im Schnitt nach etwa 5 Jahren. Meistens leidet das Hören im Tieftonbereich sehr unter dieser Erkrankung, viele Patienten haben starke Hörverluste, auch kann man dabei Ertauben. Meist geschieht dies auch über die Jahre schleichend, es kann aber während den Attacken zu sprunghafter Verschlechterung kommen.

Was sind die Ursachen?

Warum das Gleichgewichtsorgan beim Morbus Menière plötzlich überreizt wird oder ausfällt ist noch nicht gänzlich geklärt. Man weiß, dass Patienten mit dieser Erkrankung ein Problem mit den Flüssigkeiten des Innenohres haben. Alle Erkrankten weisen einen sogenannten Hydrops der Endolymphe auf. Die Endolymphe ist eine abgekapselte Flüssigkeit im Innenohr, welche sich in Ihrer Zusammensetzung deutlich von der umgebenden unterscheidet. Beim Hydrops dieser Flüssigkeit bläht sich die Kapsel stark auf und verursacht ein Ungleichgewicht zugunsten der Endolymphe. Warum es zum Hydrops kommt ist unklar. Ein Problem in der Druckregulation, der Durchblutung, im Abtransport der Flüssigkeiten aber auch immunologische Ursachen werden diskutiert.

Zur Auslösung der Drehschwindelattacken gibt es aufgrund dieser Erkenntnisse verschiedenste Theorien. Die bekannteste ist, dass sich bei maximaler Dehnung der Endolymphsack einreißt und sich mit der Umgebungsflüssigkeit, der sogenannten Perilymphe, vermischt. Dies führt zu einem Elektrolytaustausch und zur Reizung, in weiterer Folge zum Ausfall des Gleichgewichts auf dieser Seite.

Eine andere Erklärung wäre eine Minderdurchblutung, da der aufgeblähte Endolymphschlauch auch Gefäße abdrücken könnte. In diese Richtung geht auch die Vermutung, dass Menière und Migräne einen ähnlichen Krankheitsursprung haben könnten, nämlich eine kurzweilig geringere Durchblutungssituation.

Therapie?

Zum Menière gibt es unterschiedlichste Therapiekonzepte– medikamentös, minimal invasiv (Spritze ins Mittelohr) und chirurgisch (Operationen am Mittel-/Innenohr). Je nach klinischem Bild, beziehungsweise Leidensdruck des Patienten muss die Therapie individuell gestaltet werden.

Wie kann ich vorbeugen?

Es gibt keine speziellen Maßnahmen, mit der sich diese Erkrankung verhindern lässt. Ein gesunder Lebensstil dürfte aber zu einem günstigeren Verlauf beitragen.